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Mittwoch, 23. Februar 2011

Paradies mit Schattenseiten - Teil 2

Es gibt in Bandung ein öffentliches Verkehrsmittel, das "Angkutan Kota" heißt, kurz "Angkot" genannt. Das sind kleine Minibusse, die in ihrem Inneren zwei Bankreihen haben, auf denen scheinbar unbegrenzt Menschen Platz nehmen können. Einmal habe ich 18 Personen gezählt. Wenn die Bänke besetzt sind, wird auch auf dem Trittbrett mitgefahren oder es wird gestapelt in Form von auf dem Schoß sitzen (Kinder bei ihren Müttern). Die Tür ist grundsätzlich immer offen und zum Glück sind es auch die Fenster. Das hat besonders bei voller Besetzung den angenehmen Vorzug, dass immer ein bisschen Luft rein kommt, sodass man dem Erstickungstod nicht ganz erliegt. Von Frischluft kann leider keine Rede sein, da sie tropisch heiß und von Autoabgasen stark angereichert ist.

Dieses Angkot-System ist eigentlich genial: Sie fahren eine bestimmte Route, deren Anfangs- und Endpunkt vorn und hinten auf den Fensterscheiben geschrieben steht. Fahrpläne und Haltestellen gibt es allerdings nicht. Braucht man auch nicht, denn sie fahren in kurzen Abständen hintereinander. Kommt ein Angkot angefahren, so winkt man es zu sich an den Straßenrand heran und sagt dem Fahrer kurz, wo man aussteigen möchte. Das setzt natürlich schon einiges an Ortskenntnis voraus.

Man steigt also ein und freut sich, wenn das Angkot nicht allzu voll ist. Leer sollte es aber auch nicht sein, da der Fahrer dann gern am Straßenrand auf weitere Kundschaft wartet und erst weiterfährt, wenn noch ein paar Fahrgäste zusteigen. Also unbedingt genug Zeit einplanen, man weiß nie genau, wann man ankommt. Letzteres weiß man aufgrund der latent herrschenden Staugefahr sowieso nie. Das ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass es keine Fahrpläne gibt.

Möchte man aussteigen, so ruft man ein vernehmliches "kiri, kiri!", was "links, links!" heißt, worauf der Fahrer sofort mehr oder weniger abrupt das Bremspedal betätigt und einen am Straßenrand aussteigen lässt. Je nach Fahrstrecke zahlt man entweder 2.000 oder 3.000 Rupiah (was noch nicht mal 20 bzw. 30 Cent sind)!

Unsere Haushälterin hatte mir erzählt, dass sie schon zweimal im Angkot bestohlen worden sei und entlässt mich immer mit einem besorgten "Hati! Hati!" ("Vorsicht! Vorsicht!"), wenn ich mich auf den Weg zur Hauptstraße mache, wo die Angkots fahren. "Ja, natürlich bin ich vorsichtig und habe meine Tasche immer fest im Griff", so dachte ich. Es war mir bis vor kurzem völlig unverständlich, wie man sich im Angkot bestehlen lassen kann. Ich war der festen Überzeugung, dass ich das merken würde...

Doch als Matthias und ich in der letzten Woche in einem voll besetzten Angkot unterwegs waren, musste ich mich eines "besseren" belehren lassen: Es stiegen noch weitere drei Männer zu, sodass ich schon wieder fürchtete, dem Erstickungstod nah zu sein. Unter dem Vorwand, das Fenster noch weiter öffnen zu wollen, drückte mich der direkt neben mir sitzende Mann nach vorne und zuckte dann plötzlich wie wild mit der einen Hand, die er sich angeblich mit der Fensterscheibe eingequetscht hatte und winselte vor Schmerzen. Mit dem anderen Arm stützte er sich auf meinem Rücken ab und drückte mich dabei noch weiter nach vorne, sodass ich gar nicht sehen konnte, was eigentlich passierte. Er tat mir so leid, da er sich ja vor Schmerzen krümmte. Als das Angkot anhielt, war er schwupp die wupp draußen und ich rief noch hinterher, dass er zum "rumah sakit" (Krankenhaus) gehen solle.

Erst eine ganze Weile später merkte ich, dass meine neue Digitalkamera und mein Handy nicht mehr in der Tasche waren. Da erst wurde uns klar, welch gerissenen Trickdieben wir aufgesessen waren. Dass dieser Blog-Eintrag wieder ohne Fotos auskommen muss, ist ihnen zu verdanken, denn ich hatte schon begonnen, die Angkot-Fahrerei im Bild zu dokumentieren. Wie heißt es auf Englisch so treffend: "Shit happens!" Schönes Paradies hier...

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